DOCKRs Prognose für 2023: Fünf Trends, die die Zukunft der Mobilität prägen werden
Die Verwaltung einer großen Lastenradflotte in den Niederlanden, Deutschland und Belgien ist keine leichte Aufgabe. Und niemand weiß das besser als Kees Jan Blankestijn, Mitbegründer und Leiter des Produkt- und Innovationsbereichs von DOCKR – ein einzigartiges Unternehmen, das man als eine Art B2B-Netflix für Lastenräder sehen kann. Wir haben uns mit Kees Jan über einige der Trends ausgetauscht, die die Lastenradbranche, Mobilität und Sharing Economy im Jahr 2023 und darüber hinaus prägen werden.
1. Klar, die Wirtschaft ist Schuld …
Wie wir Niederländer nun mal sind, benennen wir gleich mal ganz direkt den Elefanten im Raum: die Weltwirtschaft. Wie wird diese sich im Jahr 2023 angesichts der derzeitigen unsicheren Lage auf die Arten von Unternehmen auswirken, die DOCKR nutzen? Laut Kees Jan birgt die wirtschaftliche Situation viele Risiken, doch er sieht auch Gründe für eine positive Einstellung. Ja, sogar für Chancen.
„Einerseits ist es für neue Unternehmen heute schwieriger, Finanzmittel zu erschließen“, so Kees Jan. „Andererseits aber zwingt die Situation die Unternehmen dazu, ihren Job besser zu machen – und das ist gut so. So eröffnet sich für Leute die Möglichkeit, Dinge anders, besser zu machen. Sie denken über Alternativen nach, und das Cargobike punktet dabei vor allem in Sachen Effizienz.“
„Das haben wir auch bei Corona gesehen. Die Befürchtung aller zu Beginn der Pandemie war, dass die Wirtschaftslage monatelang katastrophal sein würde. Doch beim Blick auf den Logistiksektor sehen wir, dass dies die größte Wachstumschance aller Zeiten war. Die letzten zwei Jahre haben bewiesen, dass ein Markt sich ändern und eine neue Form der Mobilität akzeptieren kann, wenn die Bereitschaft dazu vorhanden ist. Ein solcher Wandel hat nicht selten erhebliche Auswirkungen, so liegt der Fokus heute viel stärker auf Effizienz und Qualität.“
„Gleichzeitig ist das extreme Wachstum vom Tisch – die Leute sind viel realistischer geworden. Viele Unternehmen schauen jetzt nicht nur auf die Umsatzzahlen der kommenden Jahre, sondern überlegen auch, wie sie dieses Jahr angehen und welche Veränderungen nötig sind, um als Unternehmen zu überleben.“
2. Fahrzeugvielfalt
Als nächstes bestätigt Kees Jan die wachsende Vielfalt bei emissionsfreien Fahrzeugen – eine Vielfalt, die unerwartete Konsequenzen mit sich bringt (doch dazu später mehr). „Wir müssen akzeptieren, dass als Alternative für Dieseltransporter nicht nur Lastenräder, sondern auch leichte Elektrofahrzeuge (LEV) in Frage kommen – wir glauben an das, was am besten funktioniert. Einige Unternehmen, die Dieseltransporter einsetzen, würden auf E-Transporter, nicht aber auf Lastenräder umsteigen. Ich denke, dass es wichtig ist zu zeigen, dass mit dem Lastenrad eine Kombination verschiedener Lösungen am effizientesten sein kann. Wer in nicht städtische Gebiete liefert, muss genauso eine Option haben.“
„Wir werden auf jeden Fall schauen, welches größere Lastenrad – mit drei oder vier Rädern – wir 2023 in unser Sortiment aufnehmen können. Große Player im Markt zeigen bereits, wie sich diese in Flotten integrieren lassen. Nicht für Greenwashing oder um Marketingmittel einzusetzen – diese Unternehmen tun so etwas nur, wenn es tatsächlich effektiv ist. Das beweist, dass andere Unternehmen es auch können.“
„Das ist unsere Antwort auf die Frage, wie sich die Lücke zwischen Lastenrädern und Großraumtransportern schließen lässt. Denn dort fehlt etwas, und ich glaube, dass der Markt diese Frage bisher noch nicht vollständig beantwortet hat.“
3. Regulierungsbehörden, macht euch bereit!
Man kann also argumentieren, dass der Markt für größere Lastenräder und LEVs bereit ist. Doch laut Kees Jan bremst eine Sache DOCKR aus: Regulierung. „Wir müssen wissen, wann und wo größere Fahrzeuge erlaubt sein werden und wann nicht. Welche Regeln wird es geben? Solche Fahrzeuge haben eine viel höhere Nutzlast – wie sieht das dann in den Innenstädten aus?“
„Regulierung ist nötig, damit die Branche weiter wachsen kann. Doch darüber entscheiden nicht wir – wir sind nicht die Regierung. Wir hoffen daher, dass diese sich 2023 oder 2024 diesbezüglich äußern wird. Das würde die Sache beschleunigen. Darauf warten wir, um wirklich loslegen zu können.“
„DOCKR nimmt nicht einfach so Fahrradmodelle in sein Sortiment auf. Wir arbeiten nachhaltig, was bedeutet, dass ein Rad mindestens 3 bis 5 Jahre im Einsatz sein muss. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass ein Modell nicht nach zwei Jahren plötzlich nicht mehr den Vorschriften entspricht. Und zwar nicht nur auf nationaler, sondern auf europäischer Ebene. Doch die Regulierung darf den Einsatz von Lastenrädern auch nicht erschweren oder verteuern. Sie sollte Unternehmen einen legalen und benutzerfreundlichen Einsatz von Lastenräder ermöglichen. Forderungen wie Führerscheinpflicht oder ein Mindestalter von 18 Jahren sind nicht praktikabel. Derzeit kann jeder ein Lastenrad fahren, und ich finde, das sollte weiterhin so sein.“
„Allerdings hat das Ganze auch eine Kehrseite. So müssen die Risiken auf dem Radweg, auf dem sich immer mehr Lastenräder tummeln, beherrscht werden. Wir alle müssen einen Weg finden, miteinander zu arbeiten und zu leben. Eltern sollten sich sicher fühlen, wenn sie mit den Kids auf dem Rad unterwegs sind. Auslieferungsfahrer sollten sich ebenso sicher fühlen. Sie haben aber auch eine größere Verpflichtung, im Interesse aller sicher zu handeln. Ein Großteil der Verantwortung liegt letztlich auch bei den Unternehmen.“
„Ich bin gespannt, wie sich alles entwickelt. Ich hoffe, dass es eine Kombination geben wird, die es Unternehmen ermöglicht, Lastenräder niederschwellig in ihre Prozesse zu integrieren.“
4. IoT = macht
Ein weiterer Bereich, in dem DOCKR hofft, 2023 Fortschritte zu verbuchen, ist die Vernetzung. „2023 beschäftigen wir uns mit der Frage, wie wir unseren Kunden mehr Insights – sprich Daten – bieten können“, so Kees Jan. Viele unserer Kunden wollen wissen, wie sie ihre Räder effektiver einsetzen können und die Kosten besser unter Kontrolle haben. Für diesen Zweck wird unsere gesamte Flotte mit IoT-Geräten vernetzt, die mehr als 30 Variablen messen. So lässt sich beispielsweise kontrollieren, wann ein Rad gewartet werden muss. Dadurch wird unser Wartungsniveau höher und kann individuell angepasst werden.“
Ein weiterer Bereich, in den wir Insights erhalten, ist das Verhalten der Fahrer und Fahrerinnen. „Sehen wir beispielsweise oft hohe G-Kräfte, können wir die Flottenmanager über den gegebenenfalls groben Umgang mit den Rädern informieren, um dann gemeinsam zu überlegen, welche Verbesserungen dabei helfen, Schäden und daraus resultierenden Kosten vorzubeugen.“
Kees Jan macht deutlich, dass DOCKR dabei nicht mit dem Finger auf andere zeigt: „Wir sind nicht die Polizei, sondern arbeiten mit dem Kunden zusammen. Erkennen wir anhand der Insights der IoT-Einheit zum Beispiel, dass bestimmte Variablen höher oder niedriger sind als normal, überlegen wir gemeinsam, wie wir auf Muster reagieren können. Ohne diese Insights ist ein Reagieren nicht möglich – und aktuell haben wir noch keine. Ich denke daher, dass 2023 das Jahr sein wird, in dem wir unsere Kunden wirklich dabei unterstützen können, das Effizienzniveau ihrer Unternehmen erheblich zu steigern.“
5. Der Kreis schließt sich
Was noch auf der DOCKR-Agenda für das kommende Jahr steht, sind erweiterte Bemühungen im Bereich der Kreislaufwirtschaft: „Unsere selbst entwickelte Transportbox ist derzeit am Ende ihrer Nutzungsdauer zu mindestens 80 % recycelbar. Für uns ist dies sehr wichtig, und nächstes Jahr wollen wir das sogar noch toppen“, so Kees Jan.
„Bei den Rädern selbst sorgt unser Wartungsprogramm dafür, dass sie möglichst lange wie durchhalten. Da wir sie nicht selbst herstellen, ist das alles, was wir tun können. Bei der Transportbox ist das anders, da wir die selbst herstellen. Die Version, die gerade entwickelt wird, ist in Sachen Kreislauffähigkeit noch besser – wir werden den 100 % extrem nahe kommen.“
Freuen Sie sich Ende Januar 2023 auf ein Interview mit Jurjen Vellinga, Leiter Produktentwicklung bei DOCKR. Wir werden uns näher mit der DOCKR Transportbox und anderen Technologien beschäftigen, an denen das Entwicklungsteam gerade arbeitet.
Von Tom Parr von der International Cargo Bike Festival